Der Bundesverband Betriebliches Gesundheitsmanagement (BBGM) definiert Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) wie folgt: „Betriebliches Gesundheitsmanagement basiert auf einem salutogenetischen und biopsychosozialen Gesundheitsverständnis und befähigt als offener Managementansatz Individuen und Organisationen mit dem Ziel, gemeinsam Gesundheitspotenziale nachhaltig zu entwickeln. (BBGM, 2021)“ Andere Definitionen, wie zum Beispiel die der DIN SPEC 91020 BGM sehen ebenfalls die Schaffung von Rahmenbedingungen als ein wesentliches Kriterium an, nennen aber noch darüber hinaus die Unterstützung der Organisationsmitglieder hin zu einem eigenverantwortlichen, gesundheitsbewussten Verhalten (DIN SPEC 91020, 2012, S.7). In der Definition von Wienemann (2002) wird deutlich, dass es sich letztlich um eine Managementaufgabe handelt, bei der es gilt, die Gesundheit der Mitarbeitenden als strategischen Faktor in das Leitbild und in die Kultur sowie in die Strukturen und Prozesse der Organisation einzubeziehen.
Aus all diesen Definitionen wird deutlich, dass BGM nicht mit der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) gleichzusetzen ist. BGF ist vielmehr die Maßnahmenumsetzung auf der Verhaltens- und Verhältnisebene. Schaut man sich in der Fachliteratur und auch im GKV-Leitfaden Prävention Abbildungen zur Gliederung eines BGM an, so wird dieses als Dach über bzw. Verknüpfung zwischen den Systemen Arbeits- und Gesundheitsschutz, Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) sowie der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) betrachtet. Zwar sind der Arbeits- und Gesundheitsschutz und das BEM gesetzlich geregelt, jedoch ist es in der Praxis sinnvoll, gemeinsam und koordiniert das Thema Gesundheit im Betrieb anzugehen.
Früher lag der Bedarf von Unternehmen vorwiegend in der Vermeidung von Unfällen sowie der Aufrechterhaltung und Erhöhung der Sicherheit am Arbeitsplatz. Heute stehen Unternehmen zunehmend vor der Herausforderung, Lösungen für die Verringerung von krankheitsbedingten Fehlzeiten, zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit bis zur Rente, zum Umgang mit Stress, Burnout sowie psychischen und muskuloskelettalen Erkrankungen zu finden. Daraus resultieren vier wesentliche Bereiche für Handlungsansätze:
Aus den Handlungsansätzen lassen sich Ziele ableiten, die sich wie folgt gliedern lassen:
Für den Einstieg in ein BGM gibt es keinen Königsweg. In offiziellen Empfehlungen wird ein idealtypischer Aufbau empfohlen, welcher prozessorientiert gestaltet werden soll, sich an Zielen orientiert und nach einer Analysephase zielgerichtete Maßnahmen beinhalten sollte. Die Realität sieht jedoch meist anders aus. So steigt die Mehrzahl der Unternehmen über ein Angebot von verhaltenspräventiven Maßnahmen ein, ganz nach dem Motto „Wir machen einfach mal!“. Oftmals stehen zeitgleich auch die Themen Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) und die Umsetzung der gesetzlich geforderten psychischen Gefährdungsbeurteilung auf der Agenda. Mit was fängt man nun an, oder lassen sich diese Themen eventuell miteinander verbinden?
Eine idealtypische Vorgehensweise hin zu einem erfolgreichen und nachhaltigen BGM zeigt die nachfolgende Roadmap zu einem erfolgreichen BGM.
Von besonderer Bedeutung ist der richtige Einstieg. Hier sollte, ggf. in einer internen Besprechung, ggf. auch mittels eines Workshops, die Ausgangssituation diskutiert und Ziele für das BGM festgelegt werden. Es gibt zahlreiche verschiedene Ziele, die Unternehmen mit der Ein- und Durchführung eines BGM verfolgen können. Dabei kann grundsätzlich zwischen zwei Richtungen bzw. Ausprägungen unterschieden werden: „Problemlösen/Risiken mindern“, wie zum Beispiel Krankenstände senken und Arbeitsfähigkeit wiederherstellen oder fördern und „Attraktivität erhöhen/Zukunft gestalten“. Steht das Problemlösen im Vordergrund, folgt im Anschluss eine Ursachenanalyse und die Ableitung zielführender Maßnahmen. Sind diese erfolgt, sollte einem typischen Managementzyklus folgend der Erfolg bewertet und eine Implementierung des BGM als festes System im Unternehmen geprüft werden. Die langfristige Umsetzung folgt dem Prinzip des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses, hierbei können Kennzahlen zur Steuerung und Bewertung sinnvoll sein. Inwieweit auch eine Zertifizierung des BGM sinnvoll erscheint, muss jedes Unternehmen für sich prüfen.
Bereits 1997 wurden in der Luxemburger Deklaration der EU zur Betrieblichen Gesundheitsförderung vier wesentliche Erfolgskriterien genannt:
Unabhängig dieser Kriterien sehen sowohl die Luxemburger Deklaration, als auch weitere offizielle Dokumente und Leitlinien, wie die des GKV-Spitzenverbandes der Krankenkassen sowie die DIN SPEC 91020 BGM, das Thema Führung als das wesentliche Kriterium an. Erst wenn entsprechende Unternehmens- und Führungsgrundsätze bzw. -leitlinien vorhanden sind, wird BGM erfolgreich sein.
Der Nutzen eines BGM ist wissenschaftlich untersucht und bestätigt worden. Auswertungen zahlreicher Studien von Sockoll et al. (2008), Pieper und Schröer (2015) sowie von Barthelmes, Bödeker, Sörensen, Kleinlercher & Odoy (2019) kamen zu dem Ergebnis, dass durch BGM Gesundheitsrisiken reduziert, Krankheitshäufigkeiten gesenkt und gesundheitsbewusste Verhaltensweisen gefördert werden konnten. Letztlich konnte ein Return on Investment (ROI) durch Einsparungen in Bezug auf die Fehlzeiten mit Werten zwischen 1:2,5 bzw. 1:4,85 bis 10,1 festgestellt werden (Sockoll et al., 2008). Neuere Untersuchungen bestätigten dieses Ergebnis und ermittelten einen ROI von 1:2,7 (Barthelmes, Bödeker, Sörensen, Kleinlercher & Odoy, 2019). Hinsichtlich der Frage, welche Maßnahmen im Rahmen der Gesundheitsförderung besonders effektiv sind, überzeugten vor allem körperliche Übungsprogramme zur Prävention muskuloskelettaler Erkrankungen. Besonders wirkungsvoll ist ein BGM aber nur, wenn sowohl verhaltens- als auch verhältnisbezogen Maßnahmen durchgeführt, Risikopersonen erreicht werden und zugleich die Organisations- und Führungsebene mit einbezogen wird (Sockoll et al., 2008; Pieper & Schröer, 2015; Barthelmes, Bödeker, Sörensen, Kleinlercher & Odoy, 2019).
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